09. April 2022

"Bio gibt es auch im Justizvollzug nicht zum Nulltarif"

Tagung der Fachgruppe "Landwirtschaftlicher Dienst"

Vermutlich zum letzten Mal traf sich die Fachgruppe Landwirtschaftlicher Dienst in dieser Konstellation am 07. April in Ammerbuch-Entringen. Der Fachgruppensprecher Martin Schäfer begrüßte die Teilnehmer der Fachgruppe, sowie den stellvertretenden Landesvorsitzenden Lars Rinklin, der über aktuelle Themen aus dem BSBD Landesvorstand berichtete.

 

Daraus hin entwickelte sich ein fachlich guter Austausch über die Probleme und Sorgen der Bediensteten in diesem Bereich. Landesweit sollen auf den staatlichen Betrieben Umstellungen erfolgen, die auch die Ziele der derzeitigen Landesregierung wieder spiegeln. Die vollzugseigene Landwirtschaft wird auf Bio umgestellt. Was dies bedeutet ist vielen Kolleginnen und Kollegen nicht bewusst.

Ein einfaches Beispiel zeigte Kollege Joachim Boos von der Außenstelle Stöckenhof (JVA Freiburg) auf. Bisher wurde in konventioneller Art das Unkraut durch Abspritzen bekämpft. Für einen Hektar Gemüse-/Kartoffelanbaufläche benötigte ein Bediensteter so mit der Nachbehandlung etwa 5 Stunden im Jahr.

Durch die Umstellung auf den Bioanbau muss nun in mühevoller Handarbeit das „Beikraut“ entfernt werden. Der Zeitaufwand ist im Vergleich zu früher enorm. Mit einem Spezialanhänger, der mit einem Schlepper von einem Bediensteten bedient werden muss, werden vier beschäftige Gefangene im „Schneckentempo“ über das Feld gezogen, die dann das Unkraut zupfen. Diese Arbeit erfordert einen enormen Aufwand an Handarbeit je Hektar von etwa einer Woche. Etwa 4 bis 5 mal jährlich muss dieses Zupfen wiederholt werden. Der Stöckenhof hat eine so zu bearbeitende Anbaufläche von 5 Hektar (50.000 m²). Bei den 12 Hektar Getreideanbauflächen behilft man sich mittels eines Striegels gegen das Beikraut.

Ohne „Manpower“, sowie beim Personal und bei den Gefangenen, ist das nicht machbar. Dementsprechenden Maschinen müssen zudem für die Biolandwirtschaft zur Verfügung stehen. Eigentlich undenkbar, dass Kollegen (u.a. Koll. Boos) in der Freizeit spezielle Auflieger entwickeln, da keine Gelder zur Verfügung gestellt werden.

Weitere Beispiele wurden in der Gruppe erörtert. Das Fazit ist klar:
Bio gibt es nicht zum Nulltarif!

Ein weiteres Thema war die Beförderungssituation und die Unterschiede bei den Zulagen der Bediensteten in der Landwirtschaft. Je nachdem, ob man dem AVD oder dem Werkdienst zugehört. Auch die Entlohnung der Tarifbeschäftigten muss unbedingt angepasst werden. Hier können Landwirtschaftsmeister mit höchster Qualifikation nur niedrig eingestuft werden, da es der Tarifvertrag nicht hergibt.

Kollege Gerhard Geckeler sieht die Zukunft der Interessenvertretung über den BSBD nur in einer neu geplanten Fachgruppe „Offener Vollzug“. Kollege Rinklin berichtet über die Umgestaltung und der Möglichkeiten, die sich hieraus entwickeln können, die auch der Landesvorstand unterstützt. Der landwirtschaftliche Dienst wird in der Gruppe seinen Platz finden und hier an richtiger Stelle (u.a. über ein Positionspapier) seine Interessen viel besser vertreten können. Die Teilnehmer der Fachgruppe waren sich einig und werden zeitnah selbst einen Antrag zur Umgestaltung der Gruppe, sowie dem Überbegriff „Offener Vollzug“ beantragen. Ideal wäre ein Neustart nach dem Landesdelegiertentag am 14. und 15. Oktober in Karlsruhe.

Lars Rinklin sichert auch weiterhin zu, für diese neue Fachgruppe zur Verfügung zu stehen und die Neugestaltung zu begleiten.

Nach weiterem fachspezifischen Austausch ging eine interessante Fachgruppentagung mit einem positiven Blick nach „Vorne“ zu Ende.

Bericht: Lars Rinklin